Der Pharao Königtum
Symbole der Herrscher Der König und die Maat
Göttliche Abstammung und Regeneration Die Aufgaben des Königs
Der König im Kult




Der Pharao

Bei dem, heute allgemein zur Bezeichnung des ägyptischen Königs verwendeten Begriff „Pharao“ handelt es sich um die griechische Frm des altägyptischen Wendung per-aa („großes Haus“), die ursprünglich den königlichen Palast und nicht die Person des Königs bezeichnete. Das „große Haus“ war zuständig für die Erhebung von Steuern von den kleineren „Häusern“ (perw) wie Tempelländereien und privaten Landgütern. Erst seit dem NR wurde der Begriff auch häufig für den König selbst verwendet.

Ausschnitt Wandrelief Dendera mit Schreibung des Wortes per-aa in einer Kartusche
Bildquelle: Reclams Lexikon des alten Ägypten von Shaw/Nicholson

Außer der offiziellen Titulatur und dem Namen Pharao besaßen die Könige von Ägypten noch andere Namen und Attribute. Der Titel nesw biti, wörtl. „der zur Binse und zur Biene Gehörige“, wird gewöhnlich mit „König von Ober- und Unterägypten“ übersetzt, hat aber eigentlich eine andere, vielschichtigere Bedutung: Nesw steht offenbar für den König in seiner unveränderlichen Göttlichkeit, während biti sich auf den Menschen als Träger der Königswürde beziehen könnte. Jeder König war damit eine Vereinigung von Göttlichem und Sterblichem – von nesw und biti. Und so wie der lebende König mit Horus verbunden war, so wurden die toten Könige mit Osiris gleichgesetzt. Anders gesagt wurde ein Herrscher also mit seiner Thronbesteigung zum Mensch in der Rolle eines Gottes, Nachfolger des Gottes Horus auf Erden auf dem Thron des Gottes Geb.

Nach der Königsideologie ist das Herz des Königs, sein Denken und Wollen, göttlich und er ist allwissend und vollkommen. Das Wort des Königs bedeutet die richtige Entscheidung im Krieg und das gerechte Urteil. Es ist die überzeugende Rede und auch der zaubermächtige Ausspruch, der Neues erschafft. Der Amunshymnus des Papyrus Leiden I 344 sagt über den Gott Amun:

„Dein Wesen ist das, was im Herzen des Königs von Oberägypten ist:
Gegen deine Feinde richtet er seinen Zorn. Du sitzt auf dem Mund des Königs von Unterägypten:
Seine Worten entsprechen deiner Weisung. Die beiden Lippen des Herrn sind dein Heiligtum,
Deine Majestät ist in seinem Inneren: Er spricht auf Erden aus, was du bestimmt hast.“


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Das Königtum

Im Idealfall ging das Königtum vom Vater auf den Sohn über und für gewöhnlich wurde diese Vater-Sohn-Verbindung deutlich hervorgehoben. Diese Verbindung wurde auch häufig dadurch demonstriert, daß der Nachfolger für die Fertigstellung von Totentempel und Grab seines Vorgängers sorgte und auf der politischen Ebene alles tat, um sich als auserwählten Erben auszuweisen, dessen Recht zu herrschenauf seiner göttlichen Herkunft basierte. Die Bemühungen bestimmter Könige, ihre Legitimität durch die Götter in Reliefs und Inschriften unanfechtbar darzulegen, wurde fälschlicherweise manchmal als Propaganda gedeutet, die das Ziel gehabt hätte, die Wahrheit zu verdrehen und zu beschönigen.

Die Darstellungen, beispielsweise der Königin Hatschepsut, mögen zwar eher politisch als religiös inspiriert gewesen, doch die meisten der erhaltenen Darstellungen mit Bezug auf das Königtum gehören in der Kontext der Rolle des Königs als Verfechter der Ordnung und als Bezwinger des Chaos. Die Aufgabe des Königs als Stellvertreter der Götter bestand darin, die ursprüngliche Harmonie des Universums zu vewahren bzw. wiederherzustellen. Deshalb ging es bei einem Großteil der bildlichen Darstellungen in ägyptischen Tempeln, Gräbern und Palästen viel mehr um dieses übergeordnete Ziel, als um persönliche Begebenheiten im Leben des Herrschers.

Das Königtum stellte einen Grundpfeiler der altägyptischen Kultur dar und war Dreh- und Angelpunkt der ägyptischen Gesellschaft und Religion. Aus Zeugnissen aus Abydos, Nagada und Saqqara geht hervor, daß die Grundstruktur der ägyptischen Verwaltung und die Gleichsetzung des Königs mit dem Falkengott Horus schon zu Beginn der ägyptischen Geschichte im wesentlichen festgelegt war. Die konkrete Ausprägung des Königsdogmas lässt sich zum Teil an der Entwicklung der Königstitulatur ablesen, die Aufschluß über das Verhältnis des jeweiligen Königs zu den Göttern und über sein politisches Programm gibt.

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Symbole der Herrscher

Die Königstitulatur setzt sich aus deiner für alle Zeit verbindlichen Abfolge von fünf Namen zusammen. Der „Horusname“ charakterisiert den König in der Position des Gottes Horus, dessen Herrschaft über die Welt an ihn delegiert wurde. An zweiter Stelle steht der „Nebti-Name“ (nebti = „Die beiden Herrinnen“), der die oberägyptische Geiergöttin Nechbet und die unterägyptische Schlangengöttin Wadjet als Schutzgottheiten des Königs anspricht. Der dritte Teil der königlichen Titulatur ist der in seiner Bedeutung noch unzureichend erklärte „Goldname“ (früher „Goldhorusname“ gelesen).

Am häufigsten begegnet uns der vierte und der fünfte Teil der Titulatur, die im Gegensatz zu den übrigen Königsnamen in Namensringe (Kartuschen) eingeschlossen sind. Dabei handelt es sich um den durch den Titel „König von Ober- und Unterägypten“ eingeleiteten Thronnamen und den Geburtsnamen des Königs. Dem Geburtsnamen geht der Ausdruck „Sohn des Re“ voran, da der König seit der 4. Dynastie als Sohn des Sonnengottes Re galt.

Ausdruck der Stellung des Königs ist sein Ornat, der für den Herrscher gleichzeitig Macht und Schutz bedeutete. Tracht und Insignien gehen zum Teil auf die archaische Zeit zurück, so weist der Stierschwanz etwa auf die Tiermächte der Frühzeit und die Stiernatur des Königs zurück. Weitere Tiere, in deren Gestalt der König erscheinen kann, sind Falke und Löwe. Der Königs trägt verschiedene Schurze, häufig desn sog. schendut-Schurz, je nach Zeit und Anlaß aber auch Mäntel, Hemden, bestimmte Umhänge oder ein Pantherfell, Das Haupt des Königs schmücken meist Kronen – etwa die Weiße Krone Oberägyptens, die Rote Krone Unterägypten, die Doppelkrone des vereinten Landes oder die Blaue Krone (chepresch, der sog. Kriegshelm). Der Herrscher trägt aber auch Kappen, das gestreifte Nemes-Kopftuch oder die bloße Perücke. An der Stirn richtet sich die Uräusschlange auf, die feindliche Mächte vom König abwehrt. Insignien der Macht des Königs sind gewöhnlich der Krummstab und die Geißel.

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Der König und die Maat

In den meisten Darstellungen wird der König in individuell dargestellt, sondern in seiner Rolle, die er zur Bewahrung und Erweiterung der geschaffenene Welt bekleidet und an die er kultisch und religiös gebunden ist. Die Grundlage seines Handelns ist die Maat – die göttliche Ordnung des Universums, wie sie eins im Augenblick der Schöpfung gesetzt wurde und es ist die Pflicht des Pharaos gemäß ihrem Gesetz zu regieren. Der Sonnengott hat den Pharao auf Erden eingesetzt, um die Maat zu verwirklichen und zu erhalten und die Isfet, das Chaos und Unrecht, zu vernichten. Götter, Könige und Menschen leben von der Maat und der einzelne König ist nur der gegenwärtige, vergängliche Vollzieher dieser ewigen Aufgabe in der langen Reihe von Vorgängern und Nachfolgern.

Da der König als Garant für die Weltordnung gesehen wurde, ist diese natürlich mit seinem Tod vom Untergang bedroht. Der Thronfolger erschafft daher mit seinem Regierungsantritt die Welt neu und vereint symbolisch wieder Ober- und Unterägypten. Die Erwähnung des ersten Feldzugs des Königs oder die bloße Darstellung als Feldherr, ohne je Krieg geführt zu haben, ist unter diesen Vorzeichen zu verstehen.

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Göttliche Abstammung und Regeneration

Die göttliche Abstammung des Königs wird in den Legenden von der Geburt des Gottkönigs thematisiert. Nach den drei bekannten Bildzyklen empfängt dir irdische Königin den künftigen König von einem Gott. Bekannt sind diese Darstellungen von Hatschpsut in Deir el-Bahari, für Amenophis III. in Karnak und für Ramses II. im Ramesseum. Im alten Reich ist dieser Gott Re oder Horus, im Neuen Reich Amun und in der Ramessidenzeit Ptah als Widder von Mendes. Das Kind wird vom Schöpfergott Chnum geformt, benannt, von göttlichen Ammen betreut und schließlich als König anerkannt. Weitere Formen der Legitimation sind für den König die Vererbung des Königsamtes von seinem Vater, so wie im Mythos das Königtum des Osiris auf seinen Sohn Horus überging oder die besondere Erwählung durch einen Gott. Um von vornherein Sicherheit über die Thronfolge zu erlangen, wurde seit dem Mittleren Reich vom amtierenden König der Thronfolger rechtzeitig zum Mitregenten ernannt.

Um sich zu regenerieren und das Heil seiner Herrschaft dauerhaft abzusichern, beging der alternde König, dem die Texte eine unendliche Zahl von Regierungsjahren verheißen, gewöhnlich zum ersten Mal nach dreißig Regierungjahren und dann erneut alle 3 Jahre das sog. Sed-Fest (Erneuerungsfest). Am Vorabend wurde eine Statue des Königs begraben, die symbolisch seinen Tod bedeutete, während am folgenden Tag der König in Analogie zu der sich Nacht für Nacht regenerierenden Sonne wieder verjüngt auf dem Thron „erschien“, erneut gekrönt wurde und seine neue Lebenskraft durch einen Lauf vor den Göttern unter Beweis stellte.

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Die Aufgaben des Königs

Nach seiner Krönung tritt uns der König vor allem als Kriegsherr, Bauherr, Vollzieher des Kultes und Patron des Landes Ägypten entgegen. Alle Handlungen, die er in diesen Funktionen vollbringt, dienen der ständigen Erneuerung der Schöpfung und der Erweiterung des Bestehenden.

Der König ist der Ernährer und Versorger des Landes, der die Menschen in ihrem Leben absichert und ihnen Hunger, Armut und Gewalt erspart. Hier die sog. „Loyalistische Lehre“, die das durch die königliche Herrschaft bewirkte Heil formuliert:

Er ist die Erkenntnis dessen, was in den Herzen ist,
seine Augen durchschauen alle Leiber. Er ist der Sonnengott, unter dessen Leitung man lebt,
wer ins einem Schatten ist, wird reich an Hörigen. Er ist der Sonnengott,
durch dessen Strahlen man sieht, der die Beiden Länger mehr erleuchtet als die Sonne (...).
Er lässt mehr grünen als eine hohe Nilüberschwemmung und er füllt dabei Ägypten mit Fruchtbäumen.“


Die ganze Welt war für den König uneingeschränkt verfügbar, etwa durch die magische Kraft seines Wortes. Der König ist Herr Ägyptens, das ihm von den Göttern überantwortet wurde, damit grundsätzlich alleiniger Besitzer von Grund und Boden mit ihren Produkten. Er hat königliche Privilegien, eine wirtschaftliche Monopolstellung und verfügt über die Beute aus Kriegszügen sowie die Bodenschätze der auswärten Besitzungen. Er besetzt als oberste Instanz alle entscheidenden Ämter in der Verwaltung und stellt die höchste rechtliche Gewalt dar, die um die Durchsetzung der Gesetze in Ägypten besorgt ist.

Der König zeigt sich als Beherrscher der Welt, der das von den Feinden Ägyptens symbolisierte Chaos bezwingt, indem er in einer häufig dargestellten Szene, dem „Niederschlagen der Feinde“ dargestellt wird. Diese Darstellung ist ein feststehendes Motiv der Königsideologie. Der König bekämpft die Rebellion der ausländischen Feinde und ist gleichzeitig bestrebt, zur Erweiterung der bestehenden Schöpfung die Grenzen Ägyptens in Asien und Afrika weiter vorzuschieben. Der König ist Weltherrscher, der „alle Länder und Fremdländer“ unter sich hat, dessen „südliche Grenze so weit reicht wie der Wind und dessen nördliche vorrückt bis zum Ende des Ozeans“ (Inschrift aus Buhen). Die chaotische Gegenwart wird aber auch von der wilden Tierwelt repräsentiert, gegen die der König in der ihm vorbehaltenen Jagd auf Großwild vorgeht.

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Der König im Kult

Der Vollzug des Kultes und das Errichten von Kultbauten waren zwar dem König allein vorbehalten, dieser wird jedoch die kultischen Funktionen an die Priester delegiert haben. Ebenso wie den Menschen war der König den Götter verpflichtet und sollte die Götter zufriedenstellen. Der König war Vermittler zwischen den Göttern, die auf Erden nur in ihren Tempeln und Kultstätten gegenwärtig waren, und den Menschen. Nur durch den Vollzug des Kultes konnte die für den Bestand der Welt lebenswichtige Kommunikation mit den Göttern aufrecht erhalten werden. Die Vernachlässigung des Kultes, der die Götter besänftigen und ihre segensreiche Macht dem Lande sichern soll, wäre gleichbedeutend mit der Zerstörung der Welt. Ägypten ist geprägt von den Denkmälern, die der König als Bauherr errichtete. Der Bau von Monumenten war eine seiner Hauptaufgaben, wobei neben der Erstellung der eigenen Grabstätte die Errichtung von Tempeln für die Landesgötter im Vordergrund stand. Die Bautätigkeit zeigt in erster Linie das religiöse Gewicht einer Regierung an und dient erst sekundär dem persönlichen Ruhm des Herrschers. Weil die gebauten Tempel die vollständige Übereinstimmung zwischen Ägypten und seinen Göttern bezeugt, und somit auch zeigt, was das Land seinem König verdankt, investieren die Könige einen großen Teil ihres Reichtums in Bauvorhaben.

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