Traumstele Thutmosis´IV.
Die grosse Aton Hymne
Osirismythos
Das Brudermärchen
Die Geburtslegende der Hatschepsut

Die Traumstele Thutmosis´ IV.

An einem dieser Tage geschah es, dass der Prinz Thutmosis in der Mittagszeit herbeikam. Er rastete im Schatten dieses großen Gottes. Schlaf und Traum ergriffen in dem Augenblick Besitz von ihm, als die Sonne in ihrem Zenit stand. Da bemerkte er, wie die Majestät dieses edlen Gottes aus ihrem Mund zu ihm sprach, so wie ein Vater zu seinem Sohn spricht: "Schau mich an, sieh mich genau an, mein Sohn Thutmosis. Ich bin dein Vater Harmachis-Chepri-Amun-Re. Ich werde dir die Königsherrschaft auf Erden über die Lebenden geben. Du sollst seine weiße Krone und seine rote Krone auf dem Thron von Geb, dem Erben, tragen. Das Land wird in seiner Länge und Breite dein sein, und alles, was das Auge dessen, der Herr über Alles ist, erleuchtet. Gute Vorräte werden für dich sein aus dem Innern beider Länder, die reiche Ernte eines jeden Fremdlandes und eine Lebenszeit reich an Jahren. Schon seit vielen Jahren hat sich dir mein Antlitz zugewandt; mein Herz gehört dir und du gehörst mir. Sieh nur, ich leide Schmerzen, und mein Körper ist ruiniert. Der Sand der Wüste, auf dem ich früher stand, drückt mich jetzt nieder. Ich habe darauf gewartet, dass du tust, was mir am Herzen liegt, denn ich weiß, daß du mein Sohn und Schützer bist. Komm zu mir; ich bin bei dir und leite dich." Er (der Gott) vollendete diese Rede. Dann machte dieser Prinz große Augen, weil er diese Worte des Allherrn gehört hatte. Er verstand die Worte dieses Gottes und ließ sein Herz still werden. Dann sagte er: "Komm mir, wir wollen zu unserem Tempel in der Stadt fahren und diesem Gott Opfergaben darbringen. Wir werden ihm Rinder und verschiedene Blumen und allerlei Kraut bringen, und wir werden Lob und Preis sagen jenen, die vorher kamen..."

Anfang der Seite




Der große Aton-Hymnus

Dein Aufleuchten ist schön am Rande des Himmels,

Du lebender Aton, der zuerst lebte!

Wenn du dich erhebst am östlichen Rande des Himmels,

So erfüllst du jedes Land mit deiner Schönheit.

Denn du bist schön, groß und funkelnd,

Du bist hoch über der Erde:

Deine Strahlen umarmen die Länder, ja alles,

Was du gemacht hast.

Du bist Re, und du hast sie alle gefangengenommen;

Du fesselst sie durch deine Liebe.

Obwohl du fern bist, sind deine Strahlen doch auf Erden;

Obwohl du hoch droben bist,

Sind deine Fußstapfen der Tag!



Die Nacht

Wenn du untergehst am westlichen Rande des Himmels,

So liegt die Welt im Dunkel, als wäre sie tot.

Sie schlafen in ihren Kammern,

Ihre Häupter sind verhüllt,

Ihre Nasen sind verstopft, und keiner sieht den anderen.

Gestohlen wird alle ihre Habe,

Die unter ihren Häuptern liegt,

Ohne daß sie es wissen.

Jeder Löwe kommt aus seiner Höhle,

Alle Schlangen stechen.

Dunkel herrscht, es schweigt die Welt;

Denn der sie schuf, ist am Himmel zur Ruhe gegangen.



Der Tag und der Mensch

Hell ist die Erde, wenn du aufgehst am Himmelsrand,

Wenn du als Aton bei Tage scheinst.

Das Dunkel wird verbannt,

Wenn du deine Strahlen aussendest,

Die beiden Länder feiern täglich ein Fest,

Wachend und auf ihren Füßen stehend,

Denn du hast sie aufgerichtet.

Sie waschen sich und nehmen ihre Kleider;

Ihre Arme erheben sich in Anbetung, wenn du erscheinst,

Alle Menschen tun ihre Arbeit.



Der Tag und die Tiere und Pflanzen

Alles Vieh ist zufrieden mit seiner Weide,

Alle Bäume und Pflanzen blühen,

Die Vögel flattern über ihren Sümpfen,

Und ihre Flügel erheben sich in Anbetung zu dir.

Alle Schafe hüpfen auf ihren Füßen,

Alle Vögel, alles, was flattert -

Sie leben, wenn du über ihnen aufgegangen bist.



Der Tag und das Wasser

Die Schiffe fahren stromauf und stromab,

Jede Straße ist offen, weil du leuchtest.

Die Fische im Strom springen vor dir,

Und deine Strahlen sind mitten im großen Meer.



Die Erschaffung des Menschen

Du bist es, der den Knaben in den Frauen schafft,

Der den Samen in den Männern gemacht hast;

Der dem Sohn Leben gibt im Leibe seiner Mutter,

Der ihn beruhigt, damit er nicht weine,

Du Amme im Mutterleibe.

Der Atem gibt, um alles zu beleben, was er gemacht hat!

Kommt er heraus aus dem Leibe,

. . . am Tage seiner Geburt,

So öffnest du seinen Mund zum Reden,

Du schaffst ihm, wessen er bedarf.



Die Erschaffung der Tiere

Das Küchlein piept schon in der Schale,

Du gibst ihm Atem darin, um es zu beleben.

Wenn du ihm Atem darin, um es zu beleben.

Wenn du es vollkommen gemcht hast,

So daß es die Schale durchbrechen kann,

So kommt es heraus aus dem Ei,

Um zu piepen, so viel es kann;

Es läuft herum auf seinen Füßen,

Wenn es aus dem Ei herauskommt.



Die ganze Schöpfung

Wie mannigfaltis sind all deine Werke,

O du einziger Gott, dessen Macht kein anderer hat,

Sie sind vor uns verborgen,

Du schufst die Erde nach deinem Begehren,

Während du allein warst:

Menschen, alles Vieh, groß und klein,

Alles, was auf der Erde ist,

Was einhergeht auf seinen Füßen,

Alles, was hoch droben ist, was mit seinen Flügeln fliegt.

Die Länder Syrien und Nubien und das Land Ägypten;

Du setzest jedermann auf seinen Platz

und gibst ihnen was sie brauchen.

Ein jeder hat seinen Besitz,

Und ihre Tage sind gezählt.

Ihre Zungen reden mancherlei Sprache,

Auch ihre Gestalt und Farbe sind verschieden,

Ja, du unterscheidest die Menschen.



Die Bewässerung der Erde

Du schufst den Nil in der Unterwelt,

Du führtest ihn herauf nach deinem Belieben,

Um die Menschen am Leben zu erhalten,

Wie du sie dir gemacht hast,

Du, ihrer aller Herr!

Du Tagessonne, die Furcht jedes fernen Landes,

Du schaffst auch ihr Leben.

Du hast einen Nil an den Himmel gesetzt,

Damit er für sie herabfalle

Und Wellen schlage auf den Bergen wie das Meer

Und ihre Felder bewässere in ihren Städten.

Wie herrlich sind deine Pläne, du Herr der Ewigkeit!

Der Nil am Himmel ist für die Fremdländer

Und für das Wild der Wüste, das auf seinen Füßen geht;

Der (wirkliche) Nil aber

Quillt aus der Unterwelt hervor für Ägypten.

So ernähren deine Strahlen jeden Garten,

Wenn du dich erhebst, so leben sie und wachsen für dich.



Die Jahreszeiten

Du machtest die Jahreszeiten,

Um alle deine Werke zu schaffen.

Den Winter, um sie zu kühlen, und ebenso auch die Hitze.

Du hast den fernen Himmel gemacht,

Um an ihm aufzugehen,

Um alles zu schauen, was du gemacht hast,

Während du allein warst,

Erstrahlend in deiner Gestalt als lebender Aton,

Aufdämmernd, strahlend, dich entferndend und wiederkehrend.



Schönheit durch das Licht

Du hast Millionen von Gestalten gemacht aus dir allein.

In Städten, Dörfern und Ansiedlungen,

Auf der Landstraße oder am Fluß -

Alle Augen sehen dich vor sich,

Wenn du die Tagessonne über der Erde bist.



Aton und der König

Du bist in meinem Herzen,

Kein anderer ist, der dich kennt,

Außer deinem Sohn Echnaton.

Du hast ihn eingeweiht in deine Pläne

Und in deine Kraft.

Die Welt ist in deiner Hand,

Wie du sie gemacht hast.

Wenn du aufgegangen bist, so leben sie (die Menschen),

Gehst du unter, so sterben sie.

Denn du selbst bist die Lebenszeit,

Und man lebt durch dich.

Alle Augen schauen auf deine Schönheit,

Bist du untergehst,

Alle Arbeit wird beiseite gelegt,

Wenn du im Westen untergehst.

Wenn du dich erhebst, so werden sie gemacht,

Zu wachsen für den König.

Seit du die Erde gründetest, hast du sie aufgerichtet,

Hast du sie aufgerichtet für deinen Sohn,

Der aus dir selbst hervorging,

Den König, der von der Wahrheit lebt.

Den Herrn der beiden Länder

Nefer-cheperu-Re, Ua-en-Re,

Den Sohn des Re, der von der Wahrheit lebt,

Den Herrn der Kronen Echnaton, dessen Leben lang ist;

(Und für) die große königliche Gemahlin,

Die von ihm geliebte Herrin der beiden Länder

Nefer-neferu-Aton, die lebt für immer und ewig.

Anfang der Seite




Der Osirismythos

Nut so erzählt man, vereinigte sich heimlich mit Geb; das habe Re bemerkt und sie verflucht, das sie in keinem Monat und keinem Jahr gebären sollte. Aber auch Thoth liebte die Göttin du wohnte ihr bei. Als er hierauf mit der Mondgöttin Brett spielte und ihr den siebzigsten Teil jedes Tages abgewonnen hatte, faßte er alle diese Teile zu fünf Tagen zusammen und schaltete sie hinter die 360 Tage(des Jahres), die die Ägypter deshalb "die Drangefügeten" (Epagomenen) nennen und als Geburtstage der Götter feiern.

Am ersten tage wurde Osiris geboren, und zugleich mit seiner Geburt ließ sich eine Stimme hören, daß der Allherr an das Licht trete. Am zweiten Tage wurde Haroeris geborgen, den manche den älteren Horus nennen, uns am dritten Tage Seth; doch weder zur rechten Zeit noch am rechten Ort, sondern er sprang heraus, indem er mit einem Schlag die Weiche seiner Mutter aufriß. Am vierten Tage wart Isis im fechten Element geborgen und am fünften Tage Nephthys. Osiris und Haroeris stammen von Re, Isis von Thoth und Seth und Nephthys von Geb. Dem Seth hat sich Nephthys vermählt, Isis und Osiris lieben einander schon vor ihrer Geburt und wohnten einander im Muterleibe in der Finsternis bei. Einige behaupten, auf diese Weise sei Haroeris gezeugt worden, und er werde von den Ägyptern der älterer Horus genannt.

Osiris brachte, als er König war, die Ägypter sogleich von ihrer ärmlichen und rohen Lebensweise ab, indem er ihnen den Anbau der Feldfrüchte zeigte, Gesetze gab und sie die Götter verehren lehrte. Später durchzog er das ganze Land und kultivierte es, wobei er kaum je Waffen nötig hatte, denn er gewann die meisten durch Überredung und Belehrung und zugleich mit jeder Art von Gesang und Musik.

Seth stiftete während seiner Abwesenheit keinerlei Unruhen, weil Isis gar sehr auf der Hut war und ihn scharf im Auge behielt. Doch als Osiris heimgekehrt war, stellte Seth ihm mit List nach, dabei hatte er 72 Männer zu Mitverschworenen und eine aus Äthiopien (Nubien) anwesende Königin, die die Ägypter Aso nennen, zur Helferin.

Seth maß nämlich den Osiris Leib heimlich aus und ließ nach seiner Größe einen schöne, reichgeschmückte Lade herstellen.

Diese brachte er zum Gelage, und als sich nur alle an dem Anblick erfreuten und die Lade bewunderten, versprach Seth im Scherz, sie dem zum Geschenk zu geben, der sie völlig ausfüllen werde, wenn er darin liege. Als dies alle der Reihe nach versucht hatten und keiner hineinpaßte, stieg Osiris hinein und legte sich nieder.

Da liefen Verschwörer herbei, warfen den Deckel zu, verschlossen die Lade von außen mit Nägeln und gossen heißes Blei darüber; dann trugen sie sie zum Flusse hinaus und schickten sie durch die tanitische Mündung ins Meer, die die Ägypter deshalb noch heute für hassenswert und abscheulich halten. Das geschah, so erzählt man, am 17.Athyr (13.November), an dem die Sonne den Skorpion durchläuft, während Osiris das 28.Jahr regierte...

Als Isis davon erfuhr, schnitt sie sich eine ihrer Locken ab und legte Trauerkleidung an.. Überall umherirrende und ratlos, ging sie an niemanden vorbei, ohne in anzureden; ja sogar auch Kinder, auf die sich traf, fragte sie nach der Lade, die aber hatten sie zufällig gesehen und nannten ihr die Mündung, durch die die Freunde Seth's den Behälter in das Meer gestoßen hatten...

Als Isis erfuhr, daß Osiris ohne es zu wissen, ihrer Schwester beigewohnt hatte, als sei sie (Isis) es selbst, und als sie Beweis den Honigkleekranz erblickte, den er bei Nephthys zurückgelassen hatte, suchte sie das (dieser Vereinigung entsprossene) Kind, denn Nephthys hatte es gleich nach der Geburt mit Furcht vor Seth ausgesetzt. Nachdem er Isis mit Mühe und Not erfunden hatte, indem Hunde sie hinführten, zog sie es auf. Und es wurde ihr Wächter und Begleiter, Anubis genannt, von dem es heißt, daß er die Götter ebenso bewache wie die Hunde die Menschen.

Hierauf erfuhr Isis von der Lade, daß die Brandung sie sanft an einem Ereike-Baum abgesetzt habe, als sie von den Meereswogen im Gebiete von Byblos an das Land geworfen war. Als die Ereicke in kurzer Zeit zum herrlichsten und größten Jungbaum aufgeschossen war, umfing sie die Lade ringsum, wuchs um sie herum und verbarg sie so in sich.

Der König von Byblos bewundertet die Größe des Baumes, schnitt den Stamm ab, der die Lade unsichtbar einschloß und stellte ihn als Pfeiler unter sein Dach.

Das erfuhr Isis, erzählt man, durch das dämonisch - göttliche Wehen des Gerüchts und kam nach Byblos , setzte sich niedergeschlagen und verweint an eine Quelle und sprach mit niemanden. Nur Dienerinnen der Königin begegnete sie freundlich und liebreich, indem sie ihnen das Haar flocht und ihrer Haut einen wunderbaren Wohlgeruch einhauchte, der von ihr selbst ausströmte.

Als die Königin die Dienerinnen sah, befiel sie Verlangen nach der Fremden, deren Haar und Haut Ambrosia aushauchte. Sie ließ sie darum holen, wurde mit ihr vertraut und machte sie zur Amme ihres Knäbleins. Jeder König aber hieß Malkathros, seine Gemahlin nach einigen Astarte, nach anderen Saosis und Nemanus.

Isis nährte nun das Knäblein, indem sie ihm statt der Brust den Finger in den Mund steckte. Nachts aber verbrannte sie das Sterbliche an seinem Körper, während sie sich in eine sie sich in eine Schwalbe verwandelte und klagend den Pfeiler umflog, bis die Königin sie dabei beobachtete und laut aufschrie, als sie das Kind verbrennend sah; dadurch raubte sie ihm die Unsterblichkeit

Jetzt erbat sich die Göttin, da die offenbar geworden war, den Pfeiler des Daches, zog den Ereikestamm ganz leicht unter dem Dach heraus und schnitt ihn ringsum weg. Dann umhüllte sie ihm mit Linnen, goß Salbe darauf und übergab ihn dem Königspaar. Und noch heue verehren die Byblier dieses Holz, das im Tempel der Isis liegt.

Dann aber warf sie sich über den Sarg und wehklagte so heftig, daß der jüngere Sohn des Königs starb. Den älteren nahm sie mit sich. Sie legte den Sarg in ein Schiff und segelte davon. Als der Fluß Phaidros gegen Morgen einen rauheren Wind aufkommen ließ, geriet sie in Zorn und ließ seinen Lauf vertrocknen.

Sobald sie in die Einsamkeit gelangt und mit sich allein war, öffnete sie den Sarg, schmiegte ihr Angesicht an das der Leiche, küßte sie und weinte. Da nun das Knäblein lautlos und von hinten herantrat und zusah, merkte sie es, wandte sich um und warf im Zorn einen furchtbaren Blick zu; das Kind aber vermochte den Schreck nicht zu ertragen, sondern fiel tot um...

Da Isis zu ihrem Sohne Horus reiste, der in Buto aufgezogen wurde, stellte sie den Sarg beiseite; aber Seth stieß auf ihn, während er bei Nacht im Mondscheine jagte. Er erkannte den Leichnam, zerriß ihn in vierzehn Stücke und streute sie umher. Als Isis das vernahm, fuhr sie in einem Papyrusboote durch die Sümpfe und suchte die Stücke wieder zusammen...Aus diesem Grunde spricht man auch von vielen Gräbern des Osiris in Ägypten, da Isis für jedes einzelne Glied dort, wo sie es fand, ein Grab errichtete. Anderen leugnen das; sie habe vielmehr einige Nachbildungen der Leiche gemacht und sie den einzelnen Städten geschenkt, als ob man ihnen den wahren Leichnam gebe. Denn er sollte von mehreren Verehrung genießen und Seth sollte, falls er die Oberhand über Horus gewänne und das wahre Grab suchte, den Mut verlieren, da viele Gräber genannt und gezeigt würden..

Dann kam Osiris aus der Unterwelt zu Horus, rüstete ihn für die Schlacht und übte ihn ein. Hierauf fragte er ihn was er für das Edelste halte. Als er nun antwortete: "Vater und Mutter, denen Böses widerfuhr, zu rächen", fragte Osiris ihn zum zweiten, welches Tier er als das nützlichste betrachtete für die, die zum Kampfe ausziehen. Als nun Horus antwortete "Das Pferd", wunderte er sich darüber und fragte warum er nicht den Löwen, sondern das Pferd genannt hatte. Doch Horus sage, der Löwe sei für den nützlichen, der der Hilfe bedürfe, das Pferd dagegen dazu, den fliehenden Feind zu zerstreuen und völlig zu vernichten. Als Osiris das hörte freute er sich , weil Horus sich demnach genügend vorbereitet hatte...

Die Schlacht dauerte viele Tage, und Horus blieb Sieger. Als Isis auf den gefesselten Seth traf, tötete sie ihn nicht, sondern löste ihn und liess ihn frei. Das nun ertrug Horus nicht mit Gleichmut, sondern legte Hand an seine Mutter und riss ihr die Krone vom Haupt. Doch Thoth setzte ihr dafür einen kuhköpfigen Helm auf.

Als Seth den Horus vor Gericht wegen unehelicher Geburt verklagte, wurde dieser mit Hilfe des Thot von den Göttern für ehelich erklärt. Seth aber erlitt in zwei weiteren Schlachten eine vollständige Niederlage. Isis indes brachte von Osiris, der ihr noch nach seinem Tode beigewohnt hatte, den Harpokrates als Frühgeburt und an den unteren Gliedmaßen schwach zur Welt.

Das sind so ungefähr die Hauptzüge des Mythos unter Auslassung des Widerwärtigsten, wozu die gliedweise Zerstückelung des Horus (zur Strafe wegen der Köpfung seiner Mutter) und die Köpfung der Isis gehören...

Anfang der Seite




Das Brudermärchen

Es waren einmal zwei Brüder, sagt man, von ein und derselben Mutter und von ein und demselben Vater. Anubis war der Name des älteren, Bata der Name des jüngeren. Anubis, er besaß ein Haus und besaß eine Frau, während sein jüngerer Bruder bei ihm so lebte wie ein Sohn. Bata war es, der für Anubis Kleider machte, der hinter seinem Vieh auf die Weide ging, und er war es auch, der pflügte und der für ihn erntete, kurz, er war es, der für ihn alle Feldarbeit verrichtete. Der jüngere Bruder war ein kräftiger Jüngling. Es gab nicht seinesgleichen im ganzen Lande: Die Kraft eines Gottes war in ihm. Und viele Tage danach hütete der jüngere Bruder so wie alle Tage sein Vieh; jeden Abend kehrte er nach Hause zurück, beladen mit allerlei Kraut vom Felde, mit Milch, mit Holz und mit lauter schönen Sachen vom Felde. Er legte sie seinem älteren Bruder vor, der mit seiner Frau dasaß. Dann trank er und aß und ging hinaus, um in seinem Stall inmitten seiner Tiere zu schlafen. Als die Erde wieder hell wurde und der nächste Tag begann, bereitete er gekochte Speisen zu und legte sie seinem älteren Bruder vor. Dieser gab ihm Essen aufs Feld mit, und Bata holte seine Rinder heraus, um sie auf dem Felde fressen zu lassen. Während er so hinter seinen Rindern herging, sagten sie ihm: "An dem und dem Platz ist das Kraut gut." Er hörte alles, was sie sagten, und führte sie zu der guten Krautstelle, die sie sich wünschten. So gediehen die Rinder, die er hütete, überaus gut und kalbten vielmal so oft. Zur Zeit des Pflügens sagte ihm einmal sein älterer Bruder: "Laß uns ein Joch Rinder einschirren zum Pflügen. Denn der Acker ist herausgekommen aus dem Überschwemmungswasser, und er ist recht zum Pflügen. Komm dann aufs Feld mit Saatgut, denn wir wollen morgen früh tüchtig pflügen." So sagte er ihm. Der jüngere Bruder tat all das, von dem ihm der ältere Bruder gesagt hatte: "Tue es!" Und als die Erde wieder hell wurde und der nächste Tag begann, gingen sie mit ihrem Saatgut aufs Feld und machten sich tüchtig ans Pflügen. Sie waren überaus froh bei ihrer Arbeit, der ersten Frühjahrsbestellung. Und viele Tage danach, als sie auf dem Felde waren und Saatgut brauchten, schickte der ältere Bruder seinen jüngeren Bruder und sagte: "Lauf und hol uns Saat aus dem Dorf." Der jüngere Bruder fand die Frau seines älteren Bruders, wie sie dasaß und frisiert wurde. Er sagte zu ihr: "Steh auf, damit du mir Saat gibst und ich schnell wieder aufs Feld komme, denn mein älterer Bruder wartet auf mich. Säume nicht!" Sie antwortete ihm: "Geh, öffne den Speicher und hol dir, was du willst. Mach nicht, dass mein Haar halb gemacht bleibt." Der junge Mann ging darauf zu seinem Stall und holte einen grossen Krug heraus, da er viel Saat mitnehmen wollte. Er lud sich Gerste und Emmer auf und ging damit hinaus. Da sagte sie zu ihm: "Wieviel wiegt das, was du auf einer Schulter trägst?" Er antwortete ihr: "Drei Zentner Emmer und zwei Zentner Gerste, macht zusammen fünf, was auf meiner Schulter ist." So sagte er zu ihr. Da begann sie ein Gespräch mit ihm und sagte: "In dir ist viel Kraft. Ja, ich sehe täglich deine Manneskraft", und sie wünschte ihn als Mann kennenzulernen. Sie stand also auf, griff nach ihm und sagte zu ihm: "Komm, lass uns ein Schäferstündchen halten und beisammen schlafen. Das soll sich dir lohnen. Ich werde dir schöne Kleider dafür machen." Der junge Mann wurde wie ein oberägyptischer Panther, wenn er in Wut gerät, wegen des gemeinen Antrags, den sie ihm gemacht hatte, und sie fürchtete sich gar sehr. Dann sprach er zu ihr also: "Sieh, du bist für mich wie eine Mutter. Dein Mann ist für mich wie ein Vater. Er, der älter ist als ich, er hat mich aufgezogen. Was soll diese grosse Abscheulichkeit, die du zu mir gesagt hast! Sag sie mir nicht noch einmal! Ich will es keinem weitersagen. Ich werde es nicht aus meinem Mund herauslassen zu irgendeinem Menschen." Er lud seine Last auf und ging aufs Feld. Er langte bei seinem älteren Bruder an, und sie arbeiteten tüchtig an ihrer Arbeit. Später zur Abendzeit kehrte sein älterer Bruder nach Hause zurück. Währenddessen besorgte sein jüngerer Bruder sein Vieh, lud sich allerlei Sachen vom Felde auf und trieb seine Herde vor sich her, um sie in ihrem Stall im Dorf schlafen zu lassen. Die Frau des älteren Bruders aber hatte Angst wegen des Antrags, den sie gemacht hatte. Sie holte darum Fett und Verbandszeug und verstellte sich, als ob sie geschlagen worden sei, um ihrem Mann sagen zu können: "Das war dein jüngerer Bruder, der mich geschlagen hat." Als ihr Mann am Abend wie alle Tage heimkam, da fand er zu Hause seine Frau, wie sie dalag und sich krank stellte. Sie goß ihm kein Wasser auf die Hände, wie er es gewohnt war. Sie hatte auch kein Licht für ihn angezündet. Sondern sein Haus lag in Finsternis, und sie lag da und erbrach. Ihr Mann sagte zu ihr: "Wer hat dich verführt?" Sie antwortete ihm: "Niemand hat mich verführt ausser deinem jüngeren Bruder. Als er kam, um für dich Saatg