Allgemeines | Glasbearbeitung |
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Holzverarbeitung | Schiffbau |
Das Handwerk bildete neben der Landwirtschaft die zweite Säule für den Reichtum des Staates. Zu allen Zeiten besaßen der Könige, die Tempel und die Adligen Werkstätten, in denen Juweliere, Goldschmiede, Edelsteinschleifer, Schmiede, Waffenschmiede, Hersteller von Metallgefäßen, Töpfer, Steingefäßbohrer, Tischler, Wagenmacher, Zimmerleute, Stein- und Holzbildhauer, etc. unter Aufsicht eines Schreibers arbeiteten. Trotz einfachster Mittel schufen die altägyptischen Handwerker und Künstler jene Meisterwerke, die heute den Ruf der altägyptischen Kultur ausmachen. Sogar heute noch staunen Fachleute über ihre Kunstfertigkeit und hätten höchstwahrscheinlich selbst größte Schwierigkeiten, die Produkte von einer vergleichbaren Qualität herzustellen.
Obwohl das Glasieren von Quarz- oder Steatitsteinen sowie die Herstellung von Fayence seit prädynastischer Zeit bekannt war, ist Glas vor rund 1500 v. Chr. äußerst selten und sogar vor dem späten Mittleren Reich nicht belegt. Die Kunst der Glasherstellung verdankt Ägypten möglicherweise den Feldzügen Thutmosis III.. Damals mögen Glasmacher aus Mitanni, wo die Technik schon bekannt war, als Gefangene nach Ägypten gekommen sein. Glas gehört zu den Materialien, die in der Beuteliste der Annalen Thutmosis III. in Karnak aufgeführt sind und selbst zu Zeiten Echnatons war Glas noch so bedeutend, daß es in der diplomatischen Korrespondenz Erwähnung fand. In den Amarna-Briefen werden die hurritischen und akkadischen Begriffe ehlipakku und mekku verwendet - und diese Lehnwörter verweisen eventuell auf die östliche Herkunft des Glases.
Man sollte zwischen Herstellung von Glas aus seinen Rohmaterialien (Silicium, Alkali und Kalk) und seiner Verarbeitung aus vorbereiteten Blöcken oder Klumpen (Bruchglas) unterscheiden. Erstere ist wesentlich schwieriger, und jüngste Analysen legen nahe, daß das älteste altägyptische Glas teilweise unter Verwendung von Materialien aus dem Ausland entstand, so daß man also fertige Gegenstände oder Rohglas einführte und von Arbeitern weiterverarbeiten ließ. Wahrscheinlich gab es auch dann, als das Gewerbe besser etabliert war, noch Werkstätten, die Glas nur bearbeiteten und ihr Material in Form von Blöcken von technisch höher entwickelten Betrieben erhielten.
Fayence ist ein keramisches Material aus Quarzsplitt oder Quarzsand, mit kleinen Mengen Kalk und Pflanzenasche oder Natron versetzt. Diese Kernsubstanz wird gewöhnlich mit einer leuchtend hellblauen oder grünen Soda-Kalk-Kieselerde-Glasur überzogen. Fayence war von der prädynastischen Zeit bis in die islamische Epoche in Gebrauch. Zu den typischen Produkten zählen kleine Figuren und Amulette, architektonische Ornamente und Intarsien, Gefäße und Grabbeigaben wie Uschebit-Figuren.
Die Ägypter kannten das Material als tjehenet, was wörtlich "glänzend" oder "funkelnd" bedeutet. Wie das im Neuen Reich eingeführte Glas diente Fayence wohl hauptsächlich dazu, (Halb-)Edelsteine wie Türkis und Lapislazuli nachzuahmen. Blau und grün sind zwar die häufigsten Farben, doch ließen sich auch viele andere Farbtöne erzielen und polychrome Stücken waren zu bestimmten Zeiten sehr beliebt, nicht zuletzt während des Neuen Reiches, als kunstvolle Intarsien und Schmuckstücke entstanden. Gelegentlich trug man auf monochrome Stücke mit Mangan eine schwarze Dekoration auf.
Im Vergleich zu seinen asiatischen Nachbarn war Ägypten auf dem Gebiet der Metallverarbeitung eher rückständig, aber dennoch erwiesen sich die ägyptischen Arbeiter als sehr geschickt. Zahlreiche Beispiele ihrer Kunst sind erhalten geblieben, wie Waffen, Werkzeuge, Statuen und Alltagsgegenstände wie Schmuck, Spiegel und Toilettengegenstände. Durch Darstellungen wissen wir von Bronzetüren für die Tempel und so wurde im Grab des Rechmire aus dem Neuen Reich die Herstellung eines Türflügels für den Tempel des Amun-Re gezeigt: Man sieht drei Männer, die unter der Anleitung eines Schreibers, eines Beamten, der die Metalleingänge zu kontrollieren hat, Metallbaren in Körbe füllen. Im hinteren Teil der Schmiede wird ein loderndes Feuer mittels zweier Blasebälge unterhalten, die von zwei Männern betrieben werden, die sich aufrecht auf den Häuten der Bälge halten. Das Metall wird in einem Schmelztiegel geschmolzen, an dem sich zwei Schmiede mit Hilfe von langen Zangen zu schaffen machen, danach wird es in die lange Form der Türe mit kleinen Trichtern geschüttet, die das Metall beim Schmelzen in die Form leiten und es auf ihre ganze Fläche verteilen.
Bildquelle: "Lexikon des alten Ägypten von Shaw / Nicholson" |
Bildquelle: "Lexikon des alten Ägypten von Shaw / Nicholson" |
Trotz der Fruchtbarkeit des Niltals war Holz fraglos immer etwas Wertvolles. Zwar wurden viele Bäume wie Dattelpalme, Dumpalme und Feige hauptsächlich wegen ihrer Früchte angepflanzt, doch lieferten sie auch gutes Holz, das in erster Linie zum Bau von Häusern und Möbeln verwendet wurde. Als Brennmaterial dürfte es nur sehr eingeschränkt verwendet worden sein, denn auch zum Befeuern des häuslichen Herdes nahm man für gewöhnlich getrockneten Dung. Die Dattelpalme (Phoenix dactylifera) und Dumpalme (Hyphaene thebaica) wurden zu Planken für Schiffe geschnitten, während aus der Dattelpalme aber auch ohne größere Vorbehandlung Säulen und Dachbalken hergestellt werden konnten. Aus Tamarisken (Tamarix aphylla) und Feigensykomore (Ficus sycomorus) wurden bevorzugt Särge gefertigt und Statuen geschnitzt. Aus dem Holz der Esche (Fraxinus excelsior) fertigte man zuweilen Waffen, insbesondere solche, die biegsam sein mußten, wie beispielsweise der Bogen aus dem Grab des Tutanchamun. Akazien (Acacia sp.) kam häufig im Bootsbau und anderen größeren Bauwerken zum Einsatz. Das wertvollste Holz hingegen war das aus dem Libanon importierte Zedernholz (Cedrus libani), das besonders für seetüchtige Schiffe und die schönsten Särge benutzt wurde. Die Aleppokiefer (Pinus halepensis) wurde aus ähnlichen Gründen eingeführt, der Wacholder (Juniperus sp.) auch als Bau- und Funierholz verwendet. Ebenholz (Diospyrus sp.) schließlich importierte man aus den Ländern des tropischen Afrika, u.a. aus Punt, und fertigte daraus hauptsächlich Möbel und Funiere.
Die ersten und einfachsten Schiffe waren wahrscheinlich Nachen, die aus zusammengebundenen Papyrus-Stengeln bestanden. Diese Boote, die vermutlich bis zum Ende der Pharaonenzeit im Einsatz waren, verwendete man gewöhnlich zum Fischfang und zur Jagd im Papyrusdickicht, als Fähren und für kurze Entfernungen. Aber schon aus prädynastischer Zeit liegen Hinweise auf größere Schiffe vor, die damals allerdings wohl auch noch aus Schilf hergestellt wurden. Auf bemalter Keramik der Naqada-Zeit finden sich Darstellungen von kunstvoll gestalteten Schiffen mit vielen rudernden Matrosen. Bug und Heck solcher Schiffe waren nach oben gebogen, sie verfügten normalerweise über mindestens ein großes Steuerruder und manchmal auch über Segel und Kabine.
Die Schiffe des Alten Reiches waren gewöhnlich aus Holz, das entweder aus Ägypten stammte oder aus Syrien-Palästina eingeführt wurde. Der typische Rumpf war in der Regel stark gebogen. Ausgestattet waren sie normalerweise mit mehreren Steuerrudern, einem Mast und einem langen, schmalen Segel. Ruder kamen zum Einsatz, wenn der Wind für die Segel nicht ausreichte. Das bekannteste erhaltene Schiff au sdem Alten Reich ist das Boot, das neben der Cheops-Pyramide in Gisa gefunden wurde. Es war aus großen Holzplanken hergestellt, die mit Seilen zusammengefügt waren. Wesentlich weniger aufwendig konstruierte Schiffe wurden für den Transport von Steinen eingesetzt, die vom Steinbruch zur Baustelle eines Pyramidenkomplexes gebracht werden mußten. Die Reliefs am Aufweg zur Pyramide des Wenis zeigen die Schiffe, die die für seinen Taltempel bestimmten großen Papyrussäulen aus Granit tragen.
Das typische Schiff des Mittleren Reiches war ähnlich konstruiert, verfügte aber über bessere technische Vorraussetzungen: Die beweglichen Steuerruder wurden ersetzt durch ein einzelnes, das mit Pinne versehen war und von einer Ruderstütze gehalten wurde. Der Mast konnte bei Nichtgebrauch abmontiert und umgelegt werden, die Kabine befand sich gewöhnlich auf dem Heck. Viele Modelle solcher Schiffe sind in Gräbern gefunden worden.
Im Neuen Reich haben sich die Schiffe offenbar weiterentwickelt: Es gab jetzt Kajütenaufbauten an Bug und Heck und zusätzlich eine Hauptkabine in der Mitte des Bootes. Der Steuermann arbeitete wie vorher mit doppelten Steuerrudern unter Verwendung von Seilen und Hebeln, und das Segel war jetzt breiter als hoch. Die damalige ägyptische Kriegsflotte wurde auf die Probe gestellt, als es darum ging, die Invasion der Seevölker zurückzuschlagen. Die Reliefs in Medinet Habu, dem Totentempel des Ramses III., berichten darüber. Wie schon im Alten Reich wurden ungeheuere Steinmassen auf Last-Schiffe transportiert, wie z.B. die Obelisken für den Tempel der Hatschepsut in Deir el-Bahari. Unter Hatschepsut fand auch eine Expedition nach Punt statt, die teilweise auf dem Seeweg verlief. Aus der späten 20. Dynastie datiert ein literarischer Text, der "Bericht des Wenamun". Dieser schildert die Schiffs-Reise eines Beamten nach Byblos, der dort Holz einhandeln soll.